Novelle des Universitätsgesetzes – was ändert sich?

Wie ihr sicher mitbekommen habt, wird sich in nächster Zeit das Universitätsgesetz (UG) ändern. Doch was heißt das für uns Studierende? Gibt es Vorteile oder werden uns nur weitere Steine in den Weg gelegt? Warum kommt die UG-Novelle genau jetzt? Hier haben wir die relevantesten Punkte für euch zusammengetragen.

Reserve-Antritt bei der letzten Prüfung im Studium

Einer der wenigen positiven Aspekte im neuen Universitätsgesetz ist die Einführung eines „Reserve-Antritts“ bei der letzten Prüfung im Studium. Dies bedeutet: Falls man die letzte Prüfung im Studium auch mit dem eigentlich letzten möglichen Antritt nicht schafft, bekommt man, sofern es eben die allerletzte Prüfung im Studium ist, noch einen Antritt.

Mindeststudienleistung

Der momentane Entwurf des neuen Universitätsgesetzes sieht die Einführung einer Mindeststudienleistung vor. In den ersten 2 Jahren müssten demnach in jedem zugelassenen Bachelor- bzw. Diplomstudium mindestens 24 ECTS erreicht werden.

Andernfalls verliert man die Zulassung zum Studium! Durch diese „Exmatrikulation“ kann man dieses Studium 10 Jahre lang nicht mehr belegen bzw. abschließen. Vor allem für Studierende, die arbeiten müssen, um sich z.B. das Studium finanzieren zu können, oder auch für Studierende, die eine Familie haben (von alleinerziehenden Elternteilen wollen wir gar nicht sprechen), bedeutet das eine zusätzliche Belastung.

Wer nach zwei Semestern keine 12 ECTS erreicht hat, wird von der Universität benachrichtigt, dass die Zulassung erlischt, sofern am Ende des vierten Semesters keine 24 ECTS erreicht werden. Allein die Drohung, nicht mehr zum eigenen Studium zugelassen zu sein, ist besonders hart für Studierende mit Prüfungsangst und anderen psychischen Belastungen.

Bei Beurlaubung: Je Semester, in welchem der/die Studierende beurlaubt war, wird das Mindestausmaß an ECTS von 24 ECTS um 6 ECTS verringert. Gleichzeitig wird im neuen UG festgehalten, dass neben den im Gesetz festgelegten Beurlaubungsgründen keine weiteren Gründe durch die Universität vorgesehen werden dürfen. An der TU Graz ist dies aber im Moment ohnehin nicht der Fall.

Streichung von Prüfungsterminen

Eine weitere Maßnahme der bevorstehenden UG-Novelle ist die Streichung der Prüfungstermine von drei auf zwei Prüfungstermine pro Semester. Diese müssen zu Beginn des Semesters, zusammen mit den Inhalten und Beurteilungskriterien der Prüfung festgelegt werden. Diese geplante Änderung steht in Kontrast zur Intention der UG-Novelle, den Studienfortschritt zu beschleunigen. Durch die Reduktion der Termine häufen sich Prüfungen in einem sehr kleinen Zeitraum an (Prüfungswochen); dies führt dazu, dass Studierende nicht alle gewünschten beziehungsweise geplanten Prüfungen absolvieren können und dadurch eventuell eine Studienverzögerung erfahren müssen. Aufgrund dieser Maßnahmen wird Studierenden ein weiteres Stück Selbstständigkeit und Freiheit in der Planung ihres Studiums genommen. Die zwei Prüfungstermine pro Semester stellen jedoch nur eine Mindestanzahl dar, Lehrende wie die Universität selbst können von sich aus beschließen, mehr als zwei Termine pro Semester anzubieten. Übrigens: Wie für die meisten anderen Vorschriften sieht das Universitätsgesetz keine Konsequenzen vor, wenn die Mindestanzahl unterschritten wird.

Streichung der Nachfrist

Viele Studierende schließen ihr Studium aus diversen Gründen in der Nachfrist ab. Die Weitermeldung des Studiums bis zum Ende der Nachfrist wird von Studierenden genutzt, um eine Verzögerung durch Abschlussarbeitskorrekturen abzufangen. Dadurch sparen sich viele Studierende den vollen Studienbeitrag für ein ganzes Semester, das sie eigentlich nicht brauchen. Mit der Streichung der Nachfrist fällt diese Möglichkeit weg. Dies bedeutet für viele Studierende wieder eine zusätzliche, auch finanzielle, Belastung.

(Die Nachfrist für das Sommersemester erstreckt sich vom 1. Oktober bis zum 30. November und für das Wintersemester von Februar bis 30. April.)

Plagiarismus

Dazukommend zu diesen Änderungen ist auch geplant, eine  Verjährung für Plagiarismus einzuführen. Dies würde bedeuten, dass jemand, der durch Plagiarismus zu seinem Titel gekommen ist, diesen nach 30 Jahren weiterhin behalten darf, sofern innerhalb dieser Zeit das Plagiat nicht aufgedeckt wurde.

Zu Plagiarismus zählt unter anderem auch das sogenannte „Ghostwriting“, also die Verfassung einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeit durch andere Personen als dem/der Autor/in. Gleichzeitig wird der Tatbestand „Ghostwriting“ mit Inkrafttreten der jetzt vorliegenden UG-Novelle zu einem Straftatbestand, worauf nun hohe Geldstrafen, im Wiederholungsfall sogar Freiheitsstrafen drohen.

Wie werden unsere ECTS bewertet?

Eine weitere neue Maßnahme des Universitätsgesetzes wird sein, dass nun auch die Evaluierung der Lehre bei der Verteilung der ECTS-Anrechnungspunkte berücksichtigt werden soll. Zusätzlich wird nun auch im Universitätsgesetz festgelegt, dass bei der Gestaltung von Curricula die Verteilung der ECTS-Anrechnungspunkte dem tatsächlichen Arbeitsaufwand zu entsprechen hat. Eine Semesterstunde entspricht 45 echten Minuten pro Unterrichtswoche des Semesters. Wiewohl die TU Graz an den Arbeitsaufwand von 25 Echtstunden pro ECTS in den Curricula konkretisiert hat, gibt es zweifelsohne Lehrveranstaltungen in vielen Studien, in denen der Arbeitsaufwand in keinem Verhältnis zu ihrer ECTS-Gewichtung steht.

Leitungsstruktur der Universität: Was machen Rektorat, Unirat und Senat?

Das Rektorat leitet die Universität und vertritt sie nach außen. Gemeinsam mit dem Universitätsrat und in Abstimmung mit dem Senat plant es die strategische Ausrichtung der Universität in Form eines Entwicklungsplans, aber auch die Umsetzung in Organisationsplan und Budget. Zur Erlangung dieses Budgets führt es Verhandlungen mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), die in einer Leistungsvereinbarung resultieren. Hier besteht prinzipiell das Problem, dass das BMBWF seine eigene Agenda leicht gegen die Universität durchsetzen kann, da umgekehrt keine Abhängigkeit existiert.

Senate im Hochschulbereich sind ein Selbstverwaltungsorgan und das oberste Gremium. Als demokratisch gewähltes Kollegialorgan stehen sie neben dem Rektorat  und versehen je nach Gesetzeslage legislative (z. B. Satzungsbeschlüsse, Einrichtung von Studiengängen), beratende, strategische, kontrollierende und Leitungsaufgaben. Der Senat kann aus 18 oder 26 Mitgliedern bestehen; an der TU Graz, aber auch an der Uni Graz, setzen sich letztere aus 13 Professor/innen, 6 Mitgliedern des wissenschaftlichen Personals, 6 Studierenden und einem Mitglied des allgemeinen Personals zusammen. Kunstuniversität und Medizinische Universität Graz haben sich beispielsweise für die kleinere Variante entschieden (9/4/4/1). Studierende im Senat werden anhand der ÖH-Wahlergebnisse an der eigenen Universität entsendet.

Unser Universitätsrat besteht aus 7 Mitgliedern, kann aber generell aus 5, 7 oder 9 Mitgliedern bestehen, die Größe legt der Gründungskonvent einer Universität fest. Änderungen können vom Senat mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Von den Mitgliedern werden 3 vom Senat gewählt, ebenso viele werden von der Bundesregierung bestellt. Die Aufgaben des Universitätsrates sind vielseitig. Die wichtigste ist wohl die Wahl des Rektors/der Rektorin, aus einem Dreiervorschlag des Senats sowie die Wahl der Vizerektor/inn/en nach Vorschlag des Rektors/der Rektorin, aber auch die Mitwirkung an der strategischen Ausrichtung der Universität. Der Universitätsrat soll eine Außensicht in die Universitätsleitung einbringen, weshalb seine Mitglieder nicht selbst dort angestellt sein dürfen.

Was soll sich verschieben?

An der TU Graz ist schon oft der Fall eingetreten, dass der amtierende Rektor am Ende der Periode viel Rückhalt bei Senat und Universitätsrat genossen hat. Hier sieht das Universitätsgesetz die Möglichkeit vor, mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Gremien eine Neuausschreibung zu vermeiden und die amtierende Person im Amt zu belassen. Dabei sind aber Änderungen geplant: Bei der erstmaligen Wiederwahl soll ein/e Rektor/in diese Mehrheit nur mehr im Universitätsrat erlangen müssen, die Universitätsangehörigen im Senat verlieren dieses Stimmrecht und können erst nach acht Jahren (!) wieder mitentscheiden.

Zusätzlich erhält das Rektorat auch die Möglichkeit zur strukturellen Gestaltung von Studienplänen. Abgesehen vom Argument, dass diese Vorgabe für ein anderes Leitungsorgan verfassungsrechtlich auf wackligen Beinen steht, stellt sie auch eine Einschränkung der Möglichkeiten zur Gestaltung von Studien und eine Möglichkeit für die Regierung dar, auf die Studienstruktur in Österreich Einfluss zu nehmen. Studienpläne, die im Widerspruch zu solchen Richtlinien stehen, können untersagt werden. Da die Erstellung von Studienplänen üblicherweise ohnehin unter Einbindung des zuständigen Vizerektorats und der zuständigen Verwaltungseinheiten erfolgt, erschließt sich auch nicht die Notwendigkeit einer solchen Richtlinienkompetenz für das Rektorat.

Kombinierte Master- und Doktoratsstudien

Die UG-Novelle sieht weiters die Möglichkeit kombinierter Master- und Doktoratsstudien vor. In Bezug auf Mindeststudiendauer, Lehrinhalte und Abschlüsse entspricht das Ganze der Summe seiner Teile. Ein wesentlicher Unterschied hingegen: Die Zulassung erfolgt für beide Bestandteile auf einmal, womit die Planungssicherheit erhöht werden soll. Die Gewissheit, direkt im Anschluss ins Doktorat einsteigen zu können, dürfte insbesondere für ausländische Studierende attraktiv sein. Eine grundsätzliche Diskussion über die Richtung dieser Entwicklung wäre wohl dennoch notwendig: Historisch wurden die Diplomstudien in Bachelor- und Masterstudien aufgeteilt, nun sollen Master- und Doktoratsstudien kombiniert werden können. Zumindest in der aktuellen Ausführung ist der Schritt von einem Master- zu einem Doktoratsstudium aber ein größerer als von einem Bachelor- zu einem Masterstudium. Abgesehen davon stellen sich auch Fragen hinsichtlich der Umsetzung. Wenn sich der Abschluss des Masteranteils verzögert und der Doktoratsanteil gewissermaßen vorgezogen wird, hätte dies zur Folge, dass bereits ohne formalen Masterabschluss Forschung betrieben wird. Geht dies mit einer Anstellung einher, so erfolgt mangels Masterabschluss eine geringere Einstufung nach Kollektivvertrag. In Summe könnte sich die Universität auf diese Art Geld auf dem Rücken der Studierenden ersparen, wenn in der Satzung diesbezüglich nicht nachgeschärft wird bzw. arbeitsrechtliche Änderungen mit der UG-Novelle einhergehen.

Warum gerade jetzt?

Eine Frage, die nicht nur uns in den Sinn gekommen ist: Warum jetzt? Neben der Konzentration von Universitäten und Vertretungen auf die Auswirkungen der Pandemie auf Lehre und Forschung fallen auch die Weihnachtsferien mitten in die Begutachtungsphase, was weniger Beschäftigung mit dem Thema mit sich bringen könnte. Zusätzlich ist die Organisation öffentlicher Veranstaltungen zu Information und Widerstand gegen die negativen Änderungen gerade stark erschwert und risikoreich.

Zum Abschluss möchten wir euch noch sagen, dass die meisten Änderungen im neuen Universitätsgesetz den Studierenden nicht helfen. Das Ziel dieser Universitätsgesetzesnovelle sollte sein, uns das Studieren leichter möglich zu machen und einen schnellen Studienfortschritt zu ermöglichen. Leider werden die meisten Umsetzungen den Studierenden nicht dabei helfen, sondern das Gegenteil bewirken.

Autor/innen: Eva Forsthuber, Patrick Lainer, Peter Pranter, Robert Schwarzl, Daniela Klampfl, Katrin Ehetreiber.
Dieser Artikel erscheint auch in der Jänner-Ausgabe des TU-Info 2020.